Demokratiegeschichten

31. Oktober 1965 – Die Leipziger Beat-Demo

Beatmusik, die ursprünglich aus Großbritannien kam und später nach Westdeutschland wanderte, zog in den 1960er Jahren mit Erfolg auch in die DDR ein. Besonders beliebt war die sogenannte Beatszene bei Jugendlichen in Großstädten wie Berlin oder aber Leipzig.

Die Beatszene in der DDR

Ermöglicht wurde die Verbreitung der Beatmusik in Ostdeutschland unter anderem durch eine vorübergehende Lockerung der Jugend- und Kulturpolitik der SED ab 1962.

Doch die Entstehung solcher neuer, unabhängiger Musikszenen wurde vom SED-Regime in der Regel als Bedrohung wahrgenommen, vor allem, wenn diese westlich geprägt war. Sie wurden als ein Zeichen von jugendlicher Emanzipation, Rebellion und Unangepasstheit sowie als Protest verstanden. Als die Lockerungen der Regierung mit Blick auf die Jugendkultur 1965 Schritt für Schritt wieder aufgehoben wurden, hatte das entsprechend auch Auswirkungen auf die Beatszene.

Das Zentralkomitee der SED beschloss am 11.10.1965 den Bands der Beatszene die in der DDR für öffentliche Konzerte benötigte Lizenz zu entziehen. Der Bezirk Leipzig entzog 44 Beatgruppen die Auftrittserlaubnis und verbot fünf Gruppen vollständig. Betroffen von diesen Maßnahmen war auch die beliebte Band Butlers. Man stellte die Beatmusiker, die unter dem Einfluss der Westmusik standen, als „Gammler“ und „Arbeitsbummelanten“ dar.

Demonstration auf dem Leuschnerplatz

Das Verbot stieß allerdings auf Protest. Eine Gruppe von Jugendlichen rief in Leipzig mit selbst gedruckten Flugblättern zur Demonstration auf:

„Beat-Freunde! Wir finden uns am Sonntag, den 31.10.65 10 Uhr – Leuschnerplatz zum Protestmarsch ein.“

Text der in Leipzig verteilten Flugblätter, welche zur Beat-Demo aufriefen

Trotz Einschüchterungsversuchen versammelten sich an diesem Tag zwischen 1.000 und 2.000 Jugendliche und junge Erwachsene auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz. Wobei sich unter ihnen auch zahlreiche Funktionäre in Zivil befanden.

Als die Protestierenden sich weigerten, den Platz vor dem neuen Rathaus zu verlassen, lösten Volkspolizisten die friedliche Beat-Demo unter unverhältnismäßiger Gewaltanwendung auf. Sie war mit Schlagstöcken, Wasserwerfer und Hundestaffel angerückt und nahm mehr als 250 Personen fest.

Konsequenzen und Reaktion auf die Beat-Demo

Von den verhafteten Teilnehmer*innen verurteilte man 107 zum mehrwöchigen Arbeitseinsatz im Braunkohlentagebau Regis-Breitingen. Die Schüler, die zu der Demonstration aufgerufen hatten, erhielten sogar Freiheitsstrafen.

Im Folgenden wurde durch die Medien gezielt gegen die Beatszene agitiert. Zudem ging das SED-Regime auch vermehrt auch auf rechtlicher Ebene gegen deren Angehörige vor. Meist unter dem Tatbestand Rowdytum, welcher in der DDR die „bewusste Missachtung des sozialistischen Werte- und Normensystems“ beschrieb.

Die Leipziger Beat-Demo | Mediathek des Stasi-Unterlagen-Archivs
Die Beatdemo in Leipzig und ihre Folgen | MDR.DE
Beat-Demo am 31.10.1965 - Krawalle auf dem Leuschnerplatz - Stadt Leipzig
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Anya H. arbeitet bei Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V. als studentische Hilfskraft.

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