Werdegang
Charlotte Hedwig Hahm, besser bekannt unter dem Namen Lotte, wurde am 23. Mai 1890 in eine evangelische Dresdner Familie geboren. Die Eltern Alwine Wagner und der Kaufmann Carl Hahm hatten neben Lotte noch drei weitere Kinder. Lottes jüngstes Geschwister war vermutlich trans* oder inter* und wechselte im Laufe des Lebens von einem weiblichen zu einem männlichen Vornamen. Dies könnte Lottes Selbstwahrnehmung und späteren Aktivismus beeinflusst haben.
Lotte Hahm war nach einer Büroausbildung zwischen 1913 und 1916 Kontoristin und wurde 1920 Inhaberin einer Versandbuchhandlung. Jedoch verließ sie bereits kurz darauf Dresden, um nach Berlin zu ziehen.
Selbstverständnis
Obwohl die Geschlechtsidentität und das Selbstverständnis Lotte Hahms nicht genau bekannt sind, sah Lotte sich im subkulturellen Umfeld vermutlich sowohl als homosexuelle Frau als auch als homosexueller „Transvestit“. Deutlich ist zudem, dass Lotte mit den Hosenanzügen und dem kurzen Haarschnitt ein Erscheinungsbild bevorzugte, welches nicht mit den Geschlechternormen der Zeit konform war.
Aktivismus in der queeren Subkultur Berlins
In Berlin begann Lotte Hahm sich in der queeren Subkultur zu engagieren, indem sie sich für die Sichtbarkeit und Organisierung vor allem der lesbischen, aber auch der trans*-Szene einsetzte.
1926 gründete sie den Damenklub „Violetta“, einen wichtigen Treffpunkt, vor allem für die lesbische Community Berlins. Im Rahmen des Klubs trafen sich regelmäßig bis zu 500 Frauen und trans* Personen für verschiedenste Veranstaltungen.
Um ein Netzwerk an Gleichgesinnten zu etablieren, schuf Lotte 1929 innerhalb des Damenklubs eine Initiative namens „Korrespondenz-Zirkel“. Diese Kontaktbörse sollte die Möglichkeit bieten, sich zu organisieren und auszutauschen. Sie hoffte darauf, die queere Community zu mobilisieren.

(Bund für Menschenrecht – Ausgabe Mai 1928)
Ihre Vernetzungs- und Mobilisierungsbestreben trug sie unter anderem auch über die lesbische/queere Zeitschrift „Die Freundin“ an die Öffentlichkeit. Hahm rief dort in Artikeln dazu auf, sich Vereinigungen wie zum Beispiel dem „Bund für ideale Frauenfreundschaft“ anzuschließen.
Hahm, Lotte / Radszuweit, Friedrich: Aufruf an alle gleichgeschlechtlich liebenden Frauen, in: Die Freundin, 1930, H. 22.
Neben dem Klub „Violetta“ betrieb Lotte Hahm zwischen 1931/32 und 1933 die Lesbenbars Monokel-Diele und Manuela-Bar.
Als jedoch unter der Herrschaft der Nationalsozialisten die Verfolgung Homosexueller vorangetrieben und queere Treffpunkte angegriffen und verboten wurden, mussten auch die Bars von Lotte Hahm schließen. Ihren Damenklub benannte sie in „Sportklub Sonne“ um. So war sie, bis die Tarnung 1935 aufflog, in der Lage, weiterhin heimlich Veranstaltungen für queere Menschen zu organisieren.
Auch nach 1945 war Lotte Hahm noch aktiv in der queeren Szene und soll weiterhin Veranstaltungen organisiert haben, bis sie 1967 in Berlin-Wannsee starb.
Gedenken an Lotte Hahm
Katja Koblitz, Historikerin (Fokus: Queere/lesbische Geschichte)
Um an Lotte Hahm und ihren Aktivismus für die lesbische und trans* Community zu erinnern, wurde 2023 eine Gedenkstele in Kreuzberg errichtet. Am Standort der Stele befand sich damals ein häufiger Treffpunkt des Damenklubs „Violetta“.
Ihre besondere Art des Aktivismus ist auch in der Gegenwart noch von Bedeutung. Lotte Hahm war daran beteiligt, Safe Spaces für die queere Community in Berlin zu schaffen. Solche Räume, in denen Personen sich frei entfalten können, die das sonst nirgendwo können und wo sie ein Gemeinschaftsgefühl erleben, sind bis heute ein Grundstein der queeren Kultur.
Queere Erinnerungskultur: Lotte Hahm war eine Vernetzerin | taz.de
Lotte Hahm | Digitales Deutsches Frauenarchiv
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/queer-2025/562120/deutsche-geschichte-queere-perspektiven/
https://budrich.de/news/berlin-subkultur-lotte-hahm/
https://www.lesbengeschichte.org/bio_hahm_d.html
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