Am 1. Juli 1945, heute vor 80 Jahren, legte eine elfköpfige Kommission einen
„Vorläufigen Entwurf zu einem Programm der Christlichen Demokraten Deutschlands“ vor. Dieses Programm wurde später als die „Kölner Leitsätze“ der CDU bezeichnet. Was es damit auf sich hat und wie und wo diese Leitsätze entstanden, das klären wir jetzt.
Eine neue Volkspartei
Im Frühjahr 1945 entstanden in ganz Deutschland Initiativen zur Gründung einer neuen demokratischen, überkonfessionellen Volkspartei. Christlich-soziale, liberale und konservative Kräfte sollten gebündelt werden.
Versammlung in Köln
Mehrere ehemalige Politiker des Zentrums gründeten einen Initiativkreis in Köln und hielten dort am 17. Juni 1945 eine erste Versammlung von Gleichgesinnten ab, allesamt katholisch. Die Versammlung beschloss, ein vorläufiges Programm für eine neue Volkspartei auf christlicher Grundlage auszuarbeiten.
Treffpunkt Kloster Walberberg
Aber wo konnte man in Ruhe an einem solchen Programm arbeiten? Köln war wie viele deutsche Städte zerbombt. Hilfe kam von Laurentius Siemer, einem Vorsteher des Dominikanerordens in Deutschland, der enge Kontakte zum Widerstandsnetzwerk von Carl Friedrich Goerdeler hatte und nach dem gescheiterten Umsturzversuch des 20. Juli 1944 versteckt das Kriegsende überlebte. Er bot der Kölner Versammlung das
wenige Kilometer südwestlich von Köln gelegene Kloster Walberberg als Tagungsort für eine Programmkommission an.
Elf im Kloster
Am 23. Juni 1945 traf die elfköpfige Programmkommission im Kloster ein und begann mit den Beratungen. Dieses Mal waren nicht nur Katholiken dabei, sondern auch zwei Protestanten, der Kölner Rechtsanwalt Fritz Fuchs und Pastor Hans Encke. Frauen fehlten. Gemeinsam war den Teilnehmern ihre christliche Grundhaltung und ihre Gegnerschaft zum Dritten Reich.
20 Punkte
Am 1. Juli 1945 schlossen die elf ihre Programmberatungen ab und verabschiedeten einen 20 Punkte umfassenden „Vorläufiger Entwurf zu einem Programm der Christlichen Demokraten Deutschlands“. Zu den Leitsätzen zählten Menschenwürde, Rechtstaatlichkeit und Frieden, Religionsfreiheit, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, Föderalismus und ein sehr klares Bekenntnis zur Demokratie. Statt der Allmacht des Staates setzt das Dokument den Menschen als Individuum und Träger politischer Verantwortung in den Mittelpunkt. Darüber hinaus zeichneten sich die Kölner Leitsätze durch ihren deutlichen Gottesbezug aus.
Christlicher Sozialismus
Interessant ist auch, dass in der Präambel des Dokuments von einem „wahren Christlichen Sozialismus, der nichts gemein hat mit falschen kollektivistischen Zielsetzungen“ die Rede ist. Hier wird der Einfluss deutlich, den die Dominikaner Laurentius Siemer und Eberhard Welty auf die Beratungen hatten. Auch Leo Schwering, der in der Programmkommission im Kloster Walberberg dabei war, teilte die Idee des christlichen Sozialismus und hoffte damit auch Brücken zur Sozialdemokratie bauen zu können.
Eine Gründung in Köln
Die im Kloster Walberberg formulierten Leitsätze wurden das Gründungsdokument der Christlich-Demokratischen Partei, die sich im August 1945 in Köln gründete und Leo Schwering zu ihrem ersten Vorsitzenden wählte. Auch viele andere lokale Gründungen christlich-demokratischer Parteien in anderen Städten bezogen sich auf die Kölner Leitsätze. Aus den lokalen Parteigründungen formierte sich im Laufe des Jahres 1945 die CDU. Aber das ist eine Demokratiegeschichte, die nicht heute erzählt wird.
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