Demokratiegeschichten

Die Flick-Affäre: Der Vorwurf der gekauften Republik

Am 19. Mai 1983, heute vor 42 Jahren, beauftragte der Deutsche Bundestag einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss mit der Aufarbeitung der Flick-Affäre. Dadurch sollte der damals größte Wirtschaftsskandal in der noch jungen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland restlos aufgeklärt werden.

Der Ursprung der Affäre

Acht Jahre zuvor, im Jahr 1975, hatte der Flick-Konzern unter Führung von Friedrich Karl Flick und seinem Manager Eberhard von Brauchitsch Aktien der Daimler-Benz AG verkauft. Für den Verkauf erhielt er 1,9 Milliarden D-Mark, auf die 986 Millionen DM Körperschaftssteuer fällig gewesen wären. Allerdings stellte der Flick-Manager beim Bundeswirtschaftsmuseum einen Antrag auf Steuerbefreiung für diesen Erlös. Kurz darauf genehmigten der damalige Minister Hans Friderichs (FDP) und später auch sein Nachfolger Otto Graf Lambsdorff diesen Antrag. Der Erlös wäre als Reinvestition in die deutsche Wirtschaft „volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig“.

Bargeldzahlungen an deutsche Politiker

Dass Eberhard von Brauchitsch aber nicht nur den Antrag an die beiden Wirtschaftsminister gerichtet hat, sondern sie auch mittels verdeckter Spenden bestochen haben könnte, stellte sich erst später heraus. Denn im Jahr 1981 fand Steuerfahnder Klaus Förster im Zuge von Ermittlungen zur Steuerhinterziehung einen Schlüssel zu einem Schließfach. Was er in diesem Schließfach fand, ging jedoch über den Vorwurf der Steuerhinterziehung hinaus. Er stieß dort auf die Dokumentation zahlreicher verdeckter Bargeldzahlungen an Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien. Darunter befanden sich auch Zahlungen an die beiden ehemaligen Wirtschaftsminister. Geldsummen von insgesamt 375.000 DM waren mit der Notiz „wg. Friderichs“ gekennzeichnet. Graf Lambsdorff erhielt laut den Vermerken insgesamt 135.000 DM. Aber auch andere hochranginge Politiker wie Helmut Kohl oder Franz Josef Strauß tauchten in den Aufzeichnungen auf.

„Gekaufte Republik“

Insgesamt flossen zwischen 1969 und 1980 25 Millionen D-Mark aus schwarzen Kassen an Bundestagsabgeordnete der CDU, CSU, FDP und SPD. Die schwarzen Kassen waren gefüllt mit Geldern, die der Flick-Konzern durch Steuerhinterziehung gewann. Diese Erkenntnis sorgte besonders in der Medienlandschaft für großes Aufsehen. Während der Flick-Manager Eberhard von Brauchitsch die Zahlungen lediglich als „Pflege der Bonner Landschaft“ bezeichnete, sprach man in der Öffentlichkeit von einer „gekauften Republik“. Man war erschüttert darüber, dass ein Konzern verdeckt so viel Einfluss auf die Politik ausüben konnte.

Der Flick-Ausschuss

Aus diesem Grund beschloss der Bundestag vor 42 Jahren, einen Untersuchungsausschuss zur Flick-Affäre einzusetzen. Im Vorfeld des Beschlusses sprach SPD-Wirtschaftsexperte Dr. Dieter Spöri von einer „Frage, die an die Grundsubstanz unserer Demokratie rührt“. Außerdem hob er hervor, dass es um Zusammenhänge gehe, „durch die das Grundverständnis unserer Demokratie in Zweifel gezogen wird“. Im März 1985 löste sich der Untersuchungsausschuss jedoch nach 85 Sitzungen auf, ohne dass er eine politische Einflussnahme beweisen konnte.

Schlechtes Erinnerungsvermögen der Zeugen

Auch ein Gerichtsprozess vor dem Bonner Landgericht beschäftigte sich von 1985 bis 1987 mit der Flick-Affäre und stieß auf ähnliche Probleme. Angeklagt waren die beiden ehemaligen Minister Friderichs und Lambsdorff sowie der Ex-Flick-Manager von Brauchitsch wegen Bestechlichkeit bzw. fortgesetzter Bestechung. Alle drei werden allerdings nur wegen Steuerhinterziehung oder Beihilfe zu dieser verurteilt. Denn für den Vorwurf der Korruption fehlten Beweise. Der zuständige Richter Hans-Hennig Buchholz sagte dazu: „Nahezu alle Zeugen fielen durch ihr schlechtes Erinnerungsvermögen auf. Die beiden häufigsten Antworten lauteten ‚Das weiß ich nicht‘ und ‚ich kann mich nicht erinnern‘. So richtig schön versagte die Erinnerung immer dann, wenn es zum Kern der Sache ging.“

So bleibt bis heute, trotz zahlreicher Vorwürfe und unterschiedlicher Bemühungen, nicht bewiesen, ob der Flick-Konzern tatsächlich aktiv Einfluss auf die politische Landschaft ausgeübt oder, wie Eberhard von Brauchitsch es formulierte, sie nur „gepflegt“ hat.

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