Demokratiegeschichten

Exil und Remigration

Mit der Machtübernahme Hitlers Ende Januar 1933 wurde die demokratische Weimarer Republik zu Grabe getragen. Für alle, die sich Hitler und seiner nationalsozialistischen Bewegung in den Weg gestellt hatten, wurde es nun lebensgefährlich in Deutschland. Außerdem war mit der Etablierung des „Dritten Reiches“ der Antisemitismus Staatsdoktrin geworden. Jüdinnen und Juden wurden zunehmend entrechtet und aus dem öffentlichen Leben gedrängt.

Die Emigrant:innen

Schon im Jahr der NS-Machtübernahme stieg die Zahl derjenigen, die sich durch Flucht aus Deutschland absetzten, zunächst meist in Nachbarstaaten. Die Emigrant:innen waren vor allem Sozialdemokrat:innen und Kommunist:innen, bürgerlich-liberale Politiker:innen, außerdem Schriftsteller:innen und Künstler:innen sowie eine große Zahl von Wissenschaftler:innen. Die Zahl der aus dem deutschen Herrschaftsbereich nach 1933 Vertriebenen ist im Vergleich zu heutigen Migrationsbewegungen mit etwa 500.000 Personen nicht sehr groß. Rund 360.000 davon stammten aus Deutschland, 1938 kamen nach dem „Anschluss“ noch einmal ca. 140.000 aus Österreich dazu.

Mühsame neue Existenz

Für die Exilant:innen bedeutete die Flucht zunächst den „Zusammenbruch unserer privaten Welt“, wie Hannah Arendt schrieb, die 1933 nach Frankreich floh. Nur mühsam bauten sich die Geflüchteten eine neue Existenz im Ausland auf und längst nicht alle waren dabei erfolgreich. Außerdem mussten viele der Exilant:innen mehrfach fliehen, weil der NS-Staat seinen Herrschaftsbereich immer weiter ausdehnte.

Remigration

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa und dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches bot sich für die im Exil lebenden Deutschen die Möglichkeit, wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Davon aber machten nur etwa 25.000 Exilant:innen Gebrauch.

Zurück ins „Land der Täter“

Vor allem von denjenigen, die als Jüdinnen und Juden der Shoah durch eine frühzeitige Flucht entkommen waren, wollten nur wenige zurück ins „Land der Täter“, zu den Deutschen, die sie verstoßen und häufig große Teile ihrer Familien umgebrachte hatten.

Das „andere Deutschland“

Diejenigen, die aus dem Exil nach Deutschland zurückkehrten, hatten sehr häufig zwei Beweggründe: Die Remigrant:innen wollten zum einen anknüpfen an das Deutschland, das sie kannten, das Deutschland vor Hitler, das „andere Deutschland“. Und sie wollten einen Beitrag zur Demokratisierung Deutschlands leisten und ihre politischen Vorstellungen und Fähigkeiten einbringen.

Ein wesentlicher Beitrag

Eine Tagung des Archivs der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung kam 2016 zu dem Schluss, dass Remigrant:innen aus dem transatlantischen Raum einen wesentlichen Anteil an der Neuausrichtung von Wissenschaft und Politik in Westdeutschland nach 1945 hatten.

Verdrängung der NS-Zeit

Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass es vielen Remigrant:innen nicht gelang, in Deutschland wieder heimisch zu werden und sich wohlzufühlen. Der Hauptgrund für das Fremdeln mit der alten Heimat lag an der massiven Verdrängung der NS-Verbrechen und der Shoah, mit der die Remigrant:innen immer wieder konfrontiert wurden. Selbst der spätere Bundeskanzler Willy Brandt war noch in den Wahlkämpfen 1961 und 1965 Diffamierungskampagnen ausgesetzt, die sich unter anderem auf seine Emigration bezogen.

Exil in Deutschland heute

Flucht und Migration war und ist ein globales Phänomen und es sieht nicht so aus, als würde sich dies im weiteren Verlauf des 21. Jahrhunderts ändern. Heute ist Deutschland, aus dem in den 1930er Jahren viele vor rassistischer und politischer Verfolgung flohen, für viele Menschen ein Exilland geworden. Nicht wenige, die heute in Deutschland Zuflucht gefunden haben, z. B. vor dem Bürgerkrieg in Syrien oder dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine, warten darauf, in ihre Heimat zurückkehren und das Land wieder aufbauen zu können, sobald sich die Situation dort geändert hat. Vielleicht werden sie eines Tages als „Botschafter:innen der Demokratie“ in ihre Heimatländer remigrieren.

Stiftung Exilmuseum

Eine Brücke zwischen der Emigration aus Deutschland während der NS-Zeit und dem heutigen Deutschland als Exilland für viele Verfolgte weltweit schlägt auch die Stiftung Exilmuseum. Bis 2028 soll auf dem Gelände des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Anhalter Bahnhofs in Berlin das Exilmuseum entstehen. Bis es so weit ist, bereitet die Werkstatt Exilmuseum in Berlin-Charlottenburg die Ausstellungen vor und bietet Besucher:innen erste Einblicke in die Planungen für das künftige Museum. Die Werkstatt Exilmuseum, die von der gleichnamigen Stiftung initiiert wurde, ist Mitmachlabor, Veranstaltungs- und Ausstellungsort und lädt regelmäßig zu Gesprächsabenden, Filmvorführungen, Lesungen, Konzerten und Workshops ein.

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Über uns 
Dennis R. arbeitet bei Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V.

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