Demokratiegeschichten

1. Mai: Feiertag und Symbol

Der Wonnemonat Mai: Alles blüht und grünt, der Frühling ist in voller Fahrt. Und dann noch ein Feiertag nach dem nächsten! Das beginnt schon mit dem 1. Mai. Doch was hat es mit diesem „Tag der Arbeit“ eigentlich auf sich? Eine kleine Auswahl von Ereignissen haben wir für euch zusammengestellt:

Mai 1886 – Chicago

1886 riefen die nordamerikanischen Gewerkschaften zum Generalstreik auf. Zum Aktionstag wurde der 1. Mai, weil dieser als „moving day“ galt: An diesem Tag wurden traditionell Arbeitsverträge aufgehoben und neue geschlossen. Die Gewerkschaften wollten , dass in den neuen Verträgen die Arbeitszeit nur noch acht Stunden statt vorher zwölf betragen sollte. Deshalb streikten damals 400.00 Beschäftigte aus 11.000 Betrieben.

Entscheidend waren die Ereignisse in Chicago. Dort fand am 1. Mai auf dem Haymarket die größte Demonstration mit 80.000 Menschen statt. Bis zum 3. Mai blieb alles friedlich, dann aber eskalierte die Gewalt, als Polizisten Streikposten angriffen und es Tote und Verletzte gab. Am 4. Mai versammelten sich wieder Protestierende auf dem Haymarket. Als die Polizei die Versammlung auflösen wollte, explodierte eine Bombe und tötete mehrere Polizisten. Panik brach aus, die Polizisten feuerten in die Menge. Mehrere Organisatoren des Streiks wurden verhaftet und einige von ihnen zum Tode verurteilt.

Trotz der Vorfälle in Chicago hielten die Gewerkschaften an den Demonstrationen fest. 1890 kam es erneut zu Streiks, die 1. Mai-Bewegung gelangte erstmals nach Europa. Auch in Deutschland fanden Demonstrationen und „Maispaziergänge“ statt.

Kein Feiertag in der Weimarer Republik

Schon im April 1919 erklärte die Nationalversammlung den 1. Mai zum gesetzlichen Feiertag. Allerdings nur für 1919, da eine spätere Regelung erst nach Friedensschluss und Verabschiedung der Verfassung folgen sollte. Spätere Versuche, den Tag der Arbeit als gesetzlichen Feiertag zu sichern, scheiterten.

Zu trauriger Berühmtheit gelangte der 1. Mai 1929 in Berlin. Trotz eines Demonstrationsverbots gingen Anhänger*innen der KPD auf die Straße. Bei Schießereien mit der Polizei starben über 30 Menschen, darunter auch Unbeteiligte. Der Tag wurde als „Blutmai“ bekannt, in dessen Folge der kommunistische Rote Frontkämpferbund in Preußen verboten wurde.

Tag der nationalen Arbeit im Nationalsozialismus

Zu Beginn der NS-Herrschaft gingen die Gewerkschaften davon aus, als unpolitische berufsständische Organisationen weiterbestehen zu können. Das stellte sich schnell als Fehleinschätzung heraus: Zwar wurde der 1. Mai ab 1933 zum gesetzlichen Feiertag – „Tag der nationalen Arbeit“ – erklärt. Doch schon am 2. Mai 1933 ließ Hitler die Gewerkschaftshäuser stürmen, führende Personen verhaften und Vermögen beschlagnahmen. Die Gewerkschaften wurden gleichgeschaltet.

Danach diente der Maifeiertag als Propagandainstrument mit Massenversammlungen und Paraden. Tatsächlich bot der 1. Mai aber auch Anlass zur Opposition: Die von Hitler am 1. Maifeiertag gepflanzte Hindenburg-Eiche auf dem Tempelhofer Feld wurde keine 4 Wochen später von Unbekannten gefällt.

Feiertag in DDR und BRD

Der 1. Mai war seit der Verabschiedung der ersten Verfassung der DDR 1949 nicht mehr Teil einer Gegenkultur und Gegenöffentlichkeit. Staatlich verordnete Rituale, mit denen man die politische Linie bekräftigte, prägten die Ausgestaltung des Feiertags. Dazu gehörte beispielsweise, dass Arbeiter*innen an diesem Tag gelobten, mehr und besser zu arbeiten. Wirtschaftlicher Fortschritt statt politischen und sozialen Rechten stand im Mittelpunkt.

In der BRD war der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) seit 1949 in der Verantwortung für Maiaufrufe und Maiparolen. Schon bald kamen zu den politischen Kundgebungen auch kulturelle Veranstaltungen hinzu. Trotzdem sanken die Teilnehmerzahlen stetig, der Feiertag wurde zunehmend für private Freizeitgestaltung genutzt.

1. Mai nach der Wiedervereinigung

Seit 1990 richten sich gewerkschaftliche Kundgebungen und Maireden wieder an ein gesamtdeutsches Publikum.

Anhand des 1. Mai wird der Wandel deutlich, den unsere Gesellschaft in den letzten 140 Jahren durchlaufen hat. Dass nicht alle Probleme gelöst und neue Herausforderungen hinzugekommen sind, gehört zu dieser Entwicklung hinzu. Für viele Menschen ist der erste Mai einfach nur ein freier Tag, an dem man den Frühling genießen kann. Mir stellt sich die Frage: Wie kann der 1. Mai in Zukunft so gestaltet werden, dass seine ursprüngliche politische und soziale Bedeutung nicht völlig verloren geht? Oder wäre das vielleicht gar nicht so schlimm?

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Über uns 
Annalena B. arbeitet bei Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V. als Projektkoordinatorin im Bereich Demokratiegeschichte.

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