Na, wissen Sie, wie dieser Satz komplett lautet? Und wer ihn gesagt hat?
Bestimmt fällt es Ihnen mit etwas Nachdenken ein. Kleiner Tipp: Es ist genau 24 Jahre her, dass er gesagt wurde. Und zwar auf einem Sonderparteitag der SPD.
Komplett geht der Satz folgendermaßen:
Ich bin schwul und das ist auch gut so.
Klaus Wowereit war derjenige, der ihn am 10. Juni 2001 aussprach. Damit war er der erste aktive Spitzenpolitiker Deutschlands, der sich outete.
„Ich bin schwul…“
Sich outen. Coming-out. So nennt man es, wenn sich ein Mensch der eigenen sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität bewusst wird und diese anderen kommuniziert. Sich also zu sich selbst bekennt.
Ein Coming-out kann im privaten oder öffentlichen Raum erfolgen, muss es aber nicht. Manche Menschen behalten ihre geschlechtliche oder sexuelle Identität zeitweise oder sogar ein Leben lang für sich.
Die Gründe hierfür sind vielfältig: Angst vor Ablehnung, dem Verlust von Beziehungen, Diskriminierung oder Gewalt. Aber auch innere Unsicherheit oder eine emotionale Überforderung können eine Rolle spielen. Für andere Personen hat die Frage nach ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität auch schlichtweg keine Relevanz.
Auch (befürchtete) berufliche Konsequenzen können eine Rolle beim Coming-Out spielen. Denn auch hier kann Diskriminierung erfahren werden und könnte ein Coming-Out ein Hindernis für eine Karriere sein.
Karriere statt Karriereknick
Letzteres geben Mitglieder der SPD Wowereit zu Bedenken, als dieser über ein Coming-out nachdenkt. Viele Parteifreund:innen raten ihm damals davon ab. Sie befürchten, seine sexuelle Orientierung könne politisch ausgeschlachtet oder als Angriffspunkt benutzt werden. Besonders im bevorstehenden Wahlkampf zur Abgeordnetenhauswahl in Berlin sei das Risiko zu groß, sagen sie.

Doch Klaus Wowereit entscheidet sich bewusst anders. Er geht mit einem Satz in die Öffentlichkeit, der bis heute nachhallt: einfach, klar, stolz – und ohne sich zu erklären oder zu rechtfertigen. Es ist ein Moment, der politische Geschichte schreibt.
Sein Outing wird nicht zum Karriereknick, sondern zu einem Symbol für Mut und Authentizität. Wenige Wochen später wird er zum Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt. Die Hauptstadt – weltoffen, vielfältig, manchmal auch widersprüchlich – bekommt einen Vertreter, der sichtbar macht, dass persönliche Identität und politisches Amt einander nicht ausschließen.
Ein politisches Statement
Wowereits Satz war mehr als ein persönliches Bekenntnis. Er war – bewusst oder unbewusst – ein politisches Statement. In einer Zeit, in der Homosexualität in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens noch tabuisiert war, setzte er ein Zeichen: für Sichtbarkeit, für Gleichberechtigung, für Selbstbestimmung.
Heute, 24 Jahre später, leben wir in einer Gesellschaft, in der viele queere Menschen sichtbar und anerkannt sind – doch längst nicht alle. Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt sind nach wie vor Realität. Und das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben ist keine Selbstverständlichkeit, sondern muss weiter verteidigt werden.
Deshalb erinnern wir uns nicht nur an Klaus Wowereits Worte. Sondern auch daran, wie wichtig es ist, eine demokratische Gesellschaft zu gestalten, in der Menschen ohne Angst sie selbst sein können – unabhängig von ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität.

Und das ist auch gut so.
Ich bin schwul und das ist auch gut so.
Klaus Wowereit, 10. Juni 2001
Wowereits Satz steht heute sinnbildlich für den Mut, offen zu sich selbst zu stehen – und dafür, wie viel Kraft in dieser Offenheit liegen kann. Doch er erinnert uns auch daran, dass Sichtbarkeit keine Selbstverständlichkeit ist, sondern oft mit persönlichem Risiko verbunden bleibt. Eine demokratische Gesellschaft misst sich nicht nur an Gesetzen, sondern auch daran, wie sicher und frei sich Menschen in ihr bewegen können. Deshalb braucht es weiterhin Solidarität, politische Aufmerksamkeit und klare Haltung – damit Coming-outs keine mutigen Ausnahmen mehr sind, sondern alltägliche Selbstverständlichkeiten. Und damit alle Menschen, egal wie sie lieben oder wer sie sind, sagen können: „Und das ist auch gut so.“
0 Kommentare