Demokratiegeschichten

Das Leben des Ludwig Herzfeld

Oliver Wedermann ist Praktikant im Stadtmuseum Halle. Im Rahmen
eines erinnerungskulturellen Projekts beschäftigte er sich mit Ludwig Herzfeld, einem Ehrenbürger der Stadt.

Ludwig ursprünglich Levi Herzfeld wurde am 12. September 1819 in Guhrau, heute Góra genannt, geboren . Der Bildungsgang von Karl (Ludwigs Bruder) und Ludwig vollzog sich parallel, obwohl ein Altersunterschied bestand. Sie besuchten beide die evangelische Volksschule in Guhrau, später das Evangelische Gymnasium in Glogau.

Nach dem Abitur schrieb sich Ludwig zum Wintersemester 1837/38 an der Universität in Berlin ein. Hier studierte er Jura und ließ sich am 14. Februar 1838 taufen, da dies eine Voraussetzung für die juristische Berufslaufbahn war. Ludwig Herzfeld strebte die praktische Veränderung der Welt im überschaubaren Rahmen an, zum einen durch politisches Handeln und zum anderen durch die Technik. Dies wurde bereits in der Wahl seiner Studienfächer und der Tätigkeit bei der Niederschlesischen Eisenbahn deutlich. 1840 bestand er das Auskulatorenexamen und wurde an das Landgericht in Görlitz versetzt.

Treu seiner liberalen Weltanschauung verfasste Ludwig Herzfeld während der Märzrevolution 1848/49 einen eigenen Verfassungsentwurf für Preußen. Im April 1849 ließ er sich in Sprottau nieder und arbeitete dort als Rechtsanwalt und Notar. Hier wirkte er bereits als Stadtverordneter und erhielt in Anerkennung seiner Verdienste um Kommune die Ehrenbürgerwürde.

Umzug nach Halle

Im Jahr 1870 bewog ihn die Ausbildung der mittlerweile elf Kinder, den Wohnsitz der Familie nach Halle zu verlegen. Hier war er zunächst am Landgericht tätig. Ludwig Herzfeld erwarb 1873 das Grundstück am Martinsberg 4 und ließ ein repräsentatives Haus darauf errichten. Dieses sollte nicht nur zum Mittelpunkt der Familie und der wachsenden Zahl der Enkel, sondern auch des parteipolitischen Liberalismus in Halle werden.

Für das weitere Leben von Herzfeld in Halle ist unterdessen dreierlei von Bedeutung. Erstens seine parteipolitische Aktivität im Verein die Liberale Vereinigung. Für diesen wurde er 1881 auf einem Parteitag zum Vorsitzenden gewählt. Er war selber darin involviert, diesen Parteitag zu organisieren, wobei die Vorbesprechungen in seinem Haus am Martinsberg stattfanden. Somit bemühte sich Herzfeld in Halle seine parteipolitische Aktivität zu erhalten und blieb seiner liberalen Weltanschauung von früher treu.

Zweitens ist der Hallesche Sozialistenprozess von 1888 wichtig, wobei die erfolgreiche Verteidigung der Sozialdemokraten zumeist Ludwig zugesprochen wird. Untersuchungen eines Nachfahren von Ludwig Herzfeld lassen jedoch vermuten, dass nicht Ludwig der Verteidiger war, sondern sein Sohn Albert dies übernommen hat.

Zwischen 1878 und 1890 war die Sozialdemokratische Partei verboten. Viele Sozialdemokraten wurden verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt. Im Prozess von 1888 in Halle war u.a. Wilhelm Liebknecht, der Vater Karl Liebknechts, angeklagt. Anm. d. Red.

Herzfeld als Stadtverordneter

Der dritte Punkt war seine Tätigkeit als Stadtverordneter, denn er wurde 1883 gewählt. Die Stadtverordnetenversammlung bildete zahlreiche Ausschüsse. Die beiden wichtigsten Ausschüsse dürften der Bau- und der Finanzausschuss gewesen sein, insbesondere letzterer, denn die meisten Vorhaben waren von zu bewilligenden Geldmitteln abhängig. Weil Ludwig Herzfeld in beiden vertreten war, finden wir ihn bei wichtigen Projekten als Referenten oder Ko-Referenten. Dazu kam, dass sein juristisches Urteil gefragt war, sei es bei Kauf oder Verkauf, Pacht oder Verpachtung von Liegenschaften oder bei Schadensersatzansprüchen.

Haus der Herzfelds am Martinsberg 4, Quelle: Stadtmuseum Halle.

Am Tag seiner Goldenen Hochzeit, dem 23. Oktober, wurde Ludwig Herzfeld die Urkunde für seinen Ehrenbürgertitel verliehen. Damit ehrte die Stadt Halle einen Mann, der sich in vielerlei Hinsicht in der Kommune engagiert hat und sich durch seine Tätigkeiten für seine Überzeugungen einsetzte. Herzfeld war ein Mann mit Zivilcourage und vertrat seine Ansichten mit seltener Unerschrockenheit. Ludwig Herzfeld verstarb am 24. April 1911 in Halle und wurde auf dem Nordfriedhof beigesetzt.

Herzfeld als Teil des Demokratisierungsprozess

Dieser kurze Überblick über sein Leben genügt natürlich nicht um die vielen Facetten seines Lebens konkret darzustellen. Es dient lediglich dazu einen ersten Eindruck über den Mann zu erlangen, der im Allgemeinen mehr Aufmerksamkeit verdient. Mehr Informationen zum Leben Ludwig Herzfelds bzw. eine Biographie finden sich in anderen Werken, so zum Beispiel in den Publikationen von Wolfgang D. Herzfeld. Fürs erste genügt es anzuerkennen, dass Ludwig Herzfeld ein sehr interessantes Leben hatte und sich für seine politischen Ideale einsetzte und anders als andere Menschen aktiv, im politischen Sinne, war.

Ludwig Herzfeld ist hierbei Teil des gesellschaftlichen Demokratisierungsprozesses, bei dem sich einzelne Akteure für demokratische Prinzipien eingesetzt haben. Gerade deshalb ist eine Beschäftigung mit Ludwig Herzfeld interessant, nicht nur weil er Ehrenbürger der Stadt Halle ist, sondern weil er ein wichtiger Bestandteil für die gesellschaftliche Demokratisierung auf kommunaler Ebene und dadurch ein interessanter Erinnerungsort für die kommunale Erinnerungskultur in Halle ist. Gerade seine Beteiligung am Parteitag der Liberalen in Halle vom 1881 ist zudem ein prägnantes Beispiel für Herzfelds Beteiligung am politischen Leben und seine Bedeutung für die Demokratisierung in Deutschland.

Foto der Familie zum 70. Geburtstag von Ludwig Herzfeld; Foto: Stadtmuseum Halle.
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