Demokratiegeschichten

Ein ideologischer Stellvertreterkrieg in Europa

Der Charakter des Zweiten Weltkrieges als Kampf der Ideologien ist unumstritten. Doch er ist mitnichten der einzige militärische Konflikt dieser Art. Kurz vorher stehen sich im Spanischen Bürgerkrieg zwei Lager gegenüber, die die weltanschaulichen Konfliktlinien des Weltkriegs vorwegnehmen.

Zwischen 1936 und 1939 kämpfen rechte Nationalisten unter Francisco Franco (1892-1975) gegen die Zweite Spanische Republik. Unterstützt werden sie dabei vom faschistischen Italien und dem nationalsozialistischen Deutschland. Das Ende des Bürgerkrieges markiert den Beginn der totalitären Diktatur Francos, welche letztlich knapp vier Jahrzehnte dauern wird.

Die Republik muss von Anfang an ums Überleben kämpfen

Sozialistische und republikanische Kräfte gründen 1931 die Zweite Spanische Republik. Damit löst die Demokratie erneut die Monarchie in Spanien ab. Obwohl sich die republikanische Regierung um Reformen bemüht, ist der junge Staat geprägt von politischen, ökonomischen und sozialen Krisen. Regionale Bestrebungen nach Autonomie destabilisieren den Staat. Zusätzlich gibt es in weiten Teilen der katholischen Bevölkerung Spaniens großen Widerstand gegen die laizistische Ausrichtung der neuen Republik.

Im November 1933 finden vorgezogenen Neuwahlen statt. Eine Koalition aus faschistischen, rechten und monarchistischen Parteien gewinnt. Sie macht sich umgehend daran, alle republikanischen und sozialen Reformen der letzten zwei Jahre zurückzunehmen. In ganz Spanien kommt es deshalb zu Streiks und Demonstrationen. Viele werden brutal unterdrückt.

Das Militär zeigt sich zunehmend mehr als nur kritisch dem republikanischen Spanien gegenüber. Nachdem etwa Franco einen Aufstand in Asturien brutal niederschlägt, wird er zur Hassfigur der Linken und zum Held der Rechten. Durch die allgemein unruhige Situation schwindet das Vertrauen in die Republik als Staatsform, nicht nur bei ihren erklärten Feinden.

Ein Putsch wird zum Bürgerkrieg

Bei erneuten vorgezogenen Neuwahlen im Februar 1936 erhält die Frente Popular („Volksfront“), ein Bündnis aus kommunistischen, sozialistischen, republikanischen und linksbürgerlichen Parteien, schließlich eine knappe Mehrheit. Die angespannte Lage beruhigt sich dadurch keineswegs. Vielmehr sehen rechte Militärs ihre Macht im Staat endgültig gefährdet. Antidemokratische Generäle um Franco planen deshalb einen Putsch, den sie am 17. Juli 1936 von Marokko, Spaniens letzter Kolonie aus, in die Tat umsetzen.

Francisco Franco (3. v.r.) mit anderen nationalistischen Generälen des Putsches (1936/37), Abbildung: Biblioteca Virtual de Defensa, Creative Commons CC0 1.0

Die Putschisten landen zuerst in Südspanien, jedoch brechen bald auch in anderen Teilen des Landes Kämpfe aus. Den Rechten stellen sich zunächst vor allem linke Arbeiter*innen entgegen. Jeder spanische Soldat steht nun vor der Entscheidung, ob er die Republik verteidigt oder sich den Aufständischen anschließt. Aus dem Militärputsch wird ein Bürgerkrieg zwischen Republikanern und Nationalisten, der das ganze Land erfasst. Letztere können schnell große Gebiete unter ihre Kontrolle bringen. Allerdings bleiben vor allem die großen Städte unter republikanischer Kontrolle.

Internationale Unterstützung

Die Erfolge der Nationalisten lassen sich unter anderem mit der militärischen Hilfe Deutschlands und Italiens erklären, die Franco Soldaten und Ausrüstung senden. Die Spanische Republik bekommt dagegen wenig Unterstützung aus dem Ausland. Lediglich die Sowjetunion liefert ab Herbst 1936 Waffen. Die liberalen Demokratien Frankreich und England aber bleiben neutral.

Nach Ausbruch des Krieges wird die Falange, die wichtigste faschistische Bewegung Spaniens, zu deren Anführer sich Franco selbst ernennt, schnell zu einem entscheidenden Machtfaktor. Später geht sie in der Partei auf, die seine Diktatur über viele Jahrzehnte trägt. Noch 1936 erklärt sich Franco zum Generalísimo (Generalissimus) und Caudillo (Führer) Spaniens.

Falangisten in Saragossa während des Bürgerkriegs (1936), Abbildung: gemeinfrei

Die „Legion Condor“, eine Spezialeinheit der deutschen Luftwaffe, bombardiert während des Bürgerkrieges zahlreiche spanische Städte, allen voran die baskische Kleinstadt Guernica im April 1937. Der Angriff, bei dem mehr als 1.000 Menschen ums Leben kommen, erlangt traurige Berühmtheit. Die deutschen Nationalsozialisten sehen ihr militärisches Eingreifen in Spanien vor allem als Probe für ihre eigenen künftigen Eroberungspläne in Europa.

Polnische Freiwillige bei den Internationalen Brigaden, Abbildung: gemeinfrei

Auf Zivilist*innen wird von beiden Seiten kaum Rücksicht genommen, oft genug werden sie absichtlich ermordet. Insgesamt wird der Bürgerkrieg am Ende zwischen 200.000 und 500.000 Tote fordern. Diese Grausamkeiten erschüttern die Öffentlichkeit in vielen Ländern. Zahlreiche Unterstützer*innen des republikanischen Spanien melden sich deshalb freiwillig, um gegen Francos Truppen zu kämpfen. Etwa 40.000 bis 50.000 Freiwillige aus zahlreichen Ländern schließen sich diesen Internationalen Brigaden an.

Versagen der europäischen Demokratien?

Auf ausländischen Druck hin müssen sich die Internationalen Brigaden jedoch gegen Ende 1938 auflösen. Die Heimatländer vieler Kämpfenden sehen durch deren militärisches Engagement ihren eigenen Entschluss zur Neutralität verletzt. Anfang des folgenden Jahres erkennen dann Frankreich und England die Nationalisten als offizielle Regierung an, die USA folgen wenig später.

Drei Jahre lang tobt der Bürgerkrieg nun schon. Die Nationalisten erobern schließlich Stück für Stück ganz Spanien. Am Ende stehen nur noch die Großstädte Madrid und Barcelona unter republikanischer Kontrolle. Doch auch hier übernehmen die Nationalisten schließlich die Macht. Am 1. April 1939 erklärt Franco den Bürgerkrieg für beendet.

Mehrere Hunderttausend Republikaner*innen fliehen nach dem Ende der Kämpfe ins Ausland. Tausende Gegner Francos werden verhaftet, gefoltert und exekutiert. Seine Herrschaft orientiert sich an seinen zwei großen Vorbildern, Deutschland und Italien, mit ihm selbst im Zentrum der neuen Ordnung. Er zerstört nicht nur die Republik, sondern unterdrückt in der Folge auch die regionale Vielfalt Spaniens: ein tragisches Beispiel dafür, dass der Weg zur Demokratie keineswegs ein geradliniger ist.

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Über uns 
Ulli E. arbeitet bei Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V. als Projektkoordinator im Bereich Demokratiegeschichte.

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