Demokratiegeschichten

Gallionsfigur der liberalen Bewegung – Jakob Venedeys Weg in die Paulskirche

Der Publizist Jakob Venedey war als Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung ein Vordenker des deutschen Nationalstaates. Der politische Zeitgeist prägte sein Leben und sein Wirken bis zu seinem Lebensende als Verfechter der liberal-demokratischen Idee. Vorreiter wie Venedey ebneten den Weg zu unserer heutigen Demokratie.

Jakob Venedey, am 24. Mai 1805 in Köln geboren, wurde durch den politischen Einfluss seines Vaters, der sich in den 1790er Jahren für die Ideen der Französischen Revolution begeistert hatte, in seinem Elternhaus geprägt. Jakob engagierte sich früh politisch. Er trat schon im frühpubertären Alter der Kölner Burschenschaft Germania und der deutschen Turnerbewegung bei. Diese wurden durch die Karlsbader Beschlüsse 1819 verboten.

Sein politisches Interesse sorgte für seinen Ausschluss aus dem Gymnasium. Dies hielt ihn jedoch nicht davon ab, sein Abitur mit Hilfe des Sozialtheoretikers und Schriftstellers Ludwig Gall privat zu beenden. Der äußerte sich ebenfalls sozialkritisch gegenüber dem Staat, was ebenfalls Venedeys politische Einstellung beeinflusste. Jakob Venedey begann 1824 mit einem Studium der Rechtswissenschaften in Bonn, welches er jedoch aufgrund einer finanziellen Notlage seiner Eltern 1827 abbrechen musste. Dies zwang ihn zurück nach Köln zu ziehen.

Kolorierte Illustration des Zugs zum Hambacher Fest, 1832. Quelle: Erhard Joseph Brenzinger, gemeinfrei

Dort arbeitete Venedey in der Anwaltskanzlei seines Vaters, wo sich schnell herausstellte, dass er ein Talent zum Schreiben besaß. Drei Jahre später veröffentlichte er unter anderem preußenkritische Schriften, in welchen er die Einführung von politischen Reformen forderte, die das Volk in die Entscheidungsfindung einbeziehen sollten. Das zog die Aufmerksamkeit des preußischen Staats auf ihn. Auch seine Mitgliedschaft im Kölner Leseverein und seine Kontakte zu liberalen Kreisen verstärkten die Gefahr, verhaftet zu werden.

Von Hambach bis Paris

Zwei Jahre später, 1832, entzog er sich den Militärbehörden und floh in die Pfalz, wo er am Hambacher Fest teilnahm. Dort knüpfte er Kontakt zu radikaldemokratischen Schriftstellern wie Philipp Jakob Siebenpfeiffer und Johann Georg August Wirth und reiste anschließend als Emissär des deutschen Pressvereins durch Deutschland. Er verbreitete die Werte des Hambacher Festes in Norddeutschland und erkundigte sich nach der Revolutionsbereitschaft der Bevölkerung. Trotz der drohenden staatlichen Verfolgung wollte er für seine Überzeugung einstehen.

Paulskirche in Frankfurt, Lithographie von Franz Heister. Quelle: Ws-KuLa, CC BY-SA 3.0

Drei Monate später wurde Jakob Venedey von der preußischen Behörde in Mannheim verhaftet. Doch es gelang ihm, aus dem Frankenthaler Gefängnis auszubrechen und sich nach Straßburg abzusetzen. Dort bildete er mithilfe anderer Geflüchteter den Verein der revolutionären Flüchtlinge, um die Position der Revolutionäre zu stärken.

Jedoch wurde Venedey ein Jahr darauf wegen seines politischen Engagements aus Straßburg ausgewiesen. Er gründete in Paris den deutschen Volksverein, eine Vorgängerorganisation des Bundes der Geächteten, von dem er noch im gleichen Jahr Leiter wurde. Die Geheimgesellschaft zielte auf die Befreiung Deutschlands.

Als Verfechter für Freiheit und Toleranz setzte Venedey sich für die Meinungs- und Pressefreiheit ein. Er war der Ansicht, dass die Freiheit der Meinungsäußerung ein grundlegendes Recht jedes Bürgers sei, das die Regierung respektieren müsse. Jakob Venedey verbrachte die nächsten Jahre in Frankreich, wo er Eindrücke über das französische Staatssystem sammelte. In Paris knüpfte er Verbindungen zu Karl Marx und Friedrich Engels. Er blieb politisch aktiv, verdiente seinen Lebensunterhalt aber auch mit Schriften zum Kölner Dombau oder der Rheinfrage.

Für Gerechtigkeit, gegen Gewalt

Zum Höhepunkt der Märzrevolution 1848 reiste Venedey nach Preußen zurück und wurde ins Frankfurter Vorparlament bestellt. Linke und Liberale hatten sich als Kompromiss auf den Fünfzigerausschuss geeinigt, in welchem Venedey aufgenommen wurde. Nach seiner Wahl in das Paulskirchenparlament agierte er als einer der Führungsabgeordneten der Linken in den Fraktionen Westendhall und Deutscher Hof.

Er sprach sich für seine Ziele einer föderalen, demokratischen Republik mit Reichsverfassung, Parlament, Präsident und unabhängiger Justiz in seinem Wahlkreis, der Landgrafschaft Hessen-Homburg aus. Er setzte sich aber auch weiterhin unermüdlich für eine gerechtere Verteilung von Reichtum und Macht ein. Die Regierung sollte die Bedürfnisse aller Bürger erfüllen – ganz der Vorstellung unserer heutigen Demokratie entsprechend.

Karte des Deutschen Bundes, aus dem den Anhängern der Großdeutschen Lösung ein künftiger deutscher Nationalstaat hervorgehen sollte. Quelle: ziegelbrenner, CC BY-SA 3.0

Bezüglich der künftigen politischen und geographischen Gestaltung Deutschlands stand Venedey auf Seiten der großdeutsch-antipreußischen Republikaner. 1849 stimmte er gegen die Wahl Friedrich Wilhelms IV. zum Kaiser. Des Weiteren wandte er sich aber auch gegen den bewaffneten Aufstand demokratischer Freischärler, da er Gewalt als ein Mittel zur Durchsetzung politischer Forderungen ablehnte.

Auch nach der Unterdrückung der demokratischen Bewegung 1849 blieb Jacob Venedey seinen Prinzipien treu. In den Folgejahren wurde er wiederholt Opfer behördlicher Schikanen und musste mehrmals seinen Lebensmittelpunkt ändern. Immer wieder wurde ihm so vor Augen geführt, wie wenig politische Bewegungsfreiheit den Bürgern zu dieser Zeit gewährt wurde.

Einer Reihe von bedeutsamen Ereignissen und Erfahrungen, seine Familiengeschichte, Bildung und die politische und soziale Stimmung der Zeit trugen dazu bei, dass Venedey sich der demokratisch-liberalen Bewegung verschrieb und dafür kämpfte, ein geeintes, demokratisches Deutschland zu schaffen, wovon wir noch heute profitieren. Sein Engagement führt uns vor Augen, dass man Demokratie, Grundrechte und Verfassung auch heute und in Zukunft verteidigen muss.

Die Autoren: Vito Anzilotti und David Magai, Geschichte LK/Q2, Anna-Schmidt-Schule Frankfurt am Main

Dieser Beitrag ist Teil des Projekts „Geist der Freiheit“. Es hat Akteur*innen verschiedener Bereiche in der Rhein-Main-Region eingeladen, an einer Zeitung zum Revolutionsjubiläum 1848/49 mitzuwirken. Sie berichten über Orte, Ereignisse und Personen der Zeit und fragen, was uns die Revolution auch nach 175 Jahren heute angeht. Acht Beiträge von Schüler:innen der Anna-Schmidt-Schule erscheinen in Kooperation mit Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. vorab auf dem Blog „Demokratiegeschichten“. Das „Extrablatt im Geist der Freiheit“ ist ab 3. Mai kostenfrei bei der KulturRegion FrankfurtRheinMain erhältlich. Weitere Informationen finden Sie hier.

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