Demokratiegeschichten

Wandel durch Annäherung

Die Frage ist, ob es nicht Möglichkeiten gibt, diese durchaus berechtigten Sorgen dem Regime graduell so weit zu nehmen, dass auch die Auflockerung der Grenzen und der Mauer praktikabel wird, weil das Risiko erträglich ist. Das ist eine Politik, die man auf die Formel bringen könnte: Wandel durch Annäherung.

Egon Bahr am 15. Juli 1963 auf der Tagung des Politischen Clubs der Evangelischen Akademie Tutzing; Zitat:Deutschlandfunk, Beitrag vom 15.07.2013.

Mit diesen Worten prägte Egon Bahr den Namen einer neuen Ost- und Entspannungspolitik. „Wandel durch Annäherung“ war das politische Konzept während der Ära Brandt/Scheel. Als Pressechef des Senats von Berlin beriet Bahr damals Willy Brandt, den Regierenden Bürgermeister. Knapp 10 Jahre später übernahm Bahr unter Bundeskanzler Brandt das Amt des Bundesministers für besondere Aufgaben (1972-1974) und danach das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (1974-1976).

„Wandel durch Annäherung“ bedeutete einen Umschwung in der westdeutschen Politik und eine Entspannung zwischen den zwei deutschen Staaten. Statt gegenseitig Druck aufzubauen, wurde versucht, ideologische Konflikte zurückzustellen und pragmatisch Politik zu betreiben. Dies geschah auch unter dem Eindruck des nur wenige Jahre zurück liegenden Mauerbaus. Bahr (und Brand) interpretierten diesen vor allem als Zeichen der Angst des kommunistischen Systems. Wandel durch Annäherung war auch eine Reaktion darauf, wie Bahr in seiner Rede klarstellte:

Das ist eine Politik, die man auf die Formel bringen könnte: Wandel durch Annäherung. Ich bin fest davon überzeugt, daß wir Selbstbewußtsein genug haben können, um eine solche Politik ohne Illusionen zu verfolgen, die sich außerdem nahtlos in das westliche Konzept der Strategie des Friedens einpaßt.

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Über uns 
Annalena B. arbeitet bei Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V. als Projektkoordinatorin im Bereich Demokratiegeschichte.

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