Baden kommt einfach nicht zur Ruhe. Im Großherzogtum, bekannt für seine für die damaligen Verhältnisse liberale Kammer, schreitet die Revolution voran. Während sich in Frankfurt das Vorparlament zur Nationalversammlung trifft, gehen Teile der Badener:innen eigene Wege. Darüber berichtet im April 1848 die Neue Züricher Zeitung:
Gesteigerte Unruhe im badischen Oberland
Die Aufregung in unserer deutschen Nachbarschaft ist fortwährend im Steigen begriffen. Nach zuverlässigen Berichten soll morgen der Aufbruch nach dem Unterland stattfinden, und es lassen auch die Vorbereitungen, welche getroffen werden, kaum daran zweifeln. Pulver, Mundvorrath und dergleichen wird auf zahlreichen Wagen aus den Gemeinden fortgeführt und auf die Sammelplätze transportiert. Was der Zweck des Zuges ist, wer das Ganze leitet, kann ich Ihnen nicht sagen, wohl aber scheint gewiss zu sein, dass die Bewegung das ganze Oberland ergriffen hat. Zu gleicher Zeit vernimmt man, dass morgen der Einmarsch der württembergischen und bayerischen Truppen stattfinden soll, so dass auch nach dieser Seite hin ein Zusammenstoss zu befürchten ist.
Neue Zürcher Zeitung, 18. März 1998 (NZZ Online) vom 13. April 1848– Sonderseite
Der Aufbruch nach dem Unterland
Bei dem Aufbruch, dessen Leitung die Zeitung nicht bestimmen konnte, handelt es sich um den sogenannten „Heckerzug“. Benannt ist er nach dem badischen Abgeordneten, Juristen und Revolutionär Friedrich Hecker. Gemeinsam mit Gustav Struve hatte dieser bereits am 12. April 1848 in Konstanz eine Republik ausgerufen.
Zuvor waren beide Abgeordnete im Frankfurter Vorparlament. Doch bald mussten sie erkennen, dass sie sich mit ihren radikalen demokratischen Forderungen und dem Wunsch nach einer Republik nicht durchsetzen würden. Enttäuscht von der der Arbeit des Vorparlaments beschlossen sie deshalb, den bewaffneten Kampf in Baden weiterzuführen. Ein Umsturz in Baden, so die Hoffnung, würde eine Revolution in allen deutschen Ländern auslösen.
Unter der Führung Heckers ziehen im April 1848 Franz Sigel, Joseph Weißhaar und Gustav Struve von verschiedenen Orten Südbadens aus in Richtung Karlsruhe. Unterstützung erhalten sie außerdem aus Frankreich von Emma und Georg Herwegh, die sich ihnen mit einer Legion anschließen wollen. Insbesondere Hecker ist zu dieser Zeit in Baden sehr populär. So wächst die Armee von Freiwilligen auf immerhin mehrere hundert Leute an.
Abgedrängt nach Süden
Wie die Grafik jedoch zeigt, kommt der Heckerzug nie in Karlsruhe an. Auch die Vereinigung mit anderen Zügen gelingt nur teilweise. Grund hierfür ist, was die Neue Zürcher Zeitung schon anmerkte: Den Aufständischen stellen sich bald militärische Truppen in den Weg. Immer wieder wird der Weg des Heckerzugs nach Norden durch württembergische Truppen versperrt.
Und noch vor Ende des Monats scheitert das Unterfangen endgültig. Zwischen dem 20.-27. April verlieren die Aufständischen mehrere Gefechte gegen badische und hessische Truppen. Wer kann, flieht in die Schweiz. Einige der Geflüchteten wandern von dort aus weiter bis in die USA.
Somit endet die erste bewaffnete badische Erhebung. Doch ihre Mitglieder sind nicht vergessen: Besonders Hecker wird noch während der Revolution zu einem Symbol für den Drang nach Freiheit.
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