Demokratiegeschichten

Carl Schurz. Ein deutscher Revolutionär, immer auf der Flucht

Carl Schurz wurde 1829 in Liblar bei Köln geboren. Er gehörte zu den 1848er Revolutionären und wurde nach seiner Migration in die USA ein progressiv-engagierter Politiker.

Von Rastatt in die Schweiz weiter nach England

Gedenktafel an der Frankfurter Paulskirche; Foto: Wikimedia/ de:Benutzer:Flacus ; CC-BY-SA 2.5.

Nach dem Ende der Revolution von 1848 und dem Dresdner Maiaufstand von 1849 schloss sich Schurz der pfälzischen Volkswehr an. Dort wurde er Adjutant von Fritz Anneke, Kommandant der revolutionären badisch-pfälzischen Armee. Doch auch diese Revolutionstruppe, zuletzt verschanzt in der Festung Rastatt, erlitt eine Niederlage. Darauf hin floh Schurz zum ersten Mal: Aus Rastatt in die Schweiz.

Im November 1850 kehrte er nach Deutschland zurück. In einer gewagten nächtlichen Aktion befreite er seinen Freund und Mitrevolutionär Prof. Gottfried Kinkel aus der Festung Spandau bei Berlin. Gemeinsam flohen sie über Rostock-Warnemünde nach Schottland. Schurz ließ sich in London nieder, während in Deutschland wegen der Gefangenen-Befreiung Anklage gegen ihn erhoben wurde.

Carl Schurz geht nach Amerika

Schurz Wahlspruch „Ubi libertas, ibi patria,“ (daß für ihn das Vaterland dort sei, wo die Freiheit sei) führte zu einem weiteren: „Wenn ich nicht der Bürger eines freien Deutschlands sein kann, so möchte ich wenigstens Bürger des freien Amerika sein.“

Wenige Monate nach dieser Feststellung wanderte der 23-jährige im Jahr 1852 in die USA aus. Kurz zuvor hatte er Margarathe Meyer geheiratet. In den USA arbeitete er anfangs als Rechtsanwalt. Später wurde er zum „Sprecher der Deutschamerikaner“.

Wahlsieg mit der Republikanischen Partei

Als Gegner der Sklaverei schloss er sich 1856 der frisch gegründeten Republikanischen Partei an. (Im selben Jahr gründete seine Ehefrau übrigens den ersten Kindergarten der Vereinigten Staaten.) Schurz wurde zu einem der führenden Deutschen innerhalb der Republikanischen Partei. Sein Wirken trug unter anderem zum Wahlsieg der Republikaner 1860 bei. Auch in Anbetracht seiner Verdienste schickte ihn sein Freund, Präsident Abraham Lincoln, 1861 für ein halbes Jahr als Botschafter nach Spanien.

Amerikanischer Bürgerkrieg

1862 kehrte Schurz nach Amerika zurück und wurde Brigadegeneral der Armee der Nordstaaten. Im amerikanischen Bürgerkrieg zwischen den Nord- und Südstaaten befehligte er überwiegend freiwillig dienende Deutsche.

Carl Schurz in Generalsuniform. Foto: gemeinfrei.

Carl Schurz – erster gebürtiger Deutscher im Senat der Vereinigten Staaten

Nach Ende des Krieges wurde er der erste gebürtige Deutsche, der für den Bundestaat Missouri dem Senat der Vereinigten Staaten angehörte. 1877 machte ihn der frisch gewählte US-Präsident Rutherford B. Hayes zum Innenminister. In seinem Amt überführte Schurz unter anderem die „Indianerpolitik“ aus der militärischen in eine zivile Verwaltung. In einer seiner Reden meinte Schurz zu den multiplen Loyalitäten von Einwanderern:

„Wer sein altes Vaterland nicht ehrt, ist auch des neuen nicht wert. Wer seine Mutter nicht verehrt, der wird auch seine Braut nicht lieben.“

Carl Schurz

Nach dem Ende seiner politischen Karriere wurde Schurz vielgelesener Chefredakteur der New Yorker Evening Post und Kommentator des Harper’s Weekly. Er verstarb 1906 mit 77 Jahren.

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8 Kommentare

  1. Sabine Bishop-Klaus

    1. Juli 2021 - 10:24
    Antworten

    Carl Schurz hat sich immer für Gerechtigkeit eingesetzt und war gegen Rassismus. Er hat durch seine Unterstützung von Lincolns Präsidentschaftskandidatur viel für die Sklavenbefreiung und später auch für die Belange der Native Americans erreicht. Selbst in Sachen Umweltschutz war er sehr aktiv. Schade das Carl Schurz in den USA bekannter ist als hier. Er sollte in den Geschichtsbüchern mehr Erwähnung finden. Ich bin stolz mit ihm verwandt zu sein und bemühe mich nach seinem Zitat zu leben.
    „Den Gebrauch der Kräfte, die man hat, ist man denen schuldig, die sie nicht haben.“ — Carl Schurz An Theodor Petrasch, 12.10.1864. In: Lebenserinnerungen, Band III, Georg Reimer, Berlin 1912, S. 242,

    Quelle: https://beruhmte-zitate.de/autoren/carl-schurz/

    • SEITEN:BLICK

      5. Juli 2021 - 11:29
      Antworten

      Liebe Frau Bishop-Klaus,
      vielen Dank für Ihren persönlichen Kommentar. In dem Zitat „Den Gebrauch der Kräfte, die man hat, ist man denen schuldig, die sie nicht haben.“ spiegelt sich das Tun und Handeln von Carl Schurz gut wider. Vielleicht kann dieser Beitrag hier auf dem Blog ein wenig dazu beitragen, Carl Schurz auch in Deutschland wieder mehr in den Fokus zu rücken.
      Beste Grüße!

  2. Norbert Böhnke

    2. Juli 2021 - 8:25
    Antworten

    In meinem Bücherregal stehen seit Jahren zwei DDR-Bände zu Schurz. Werde ich jetzt rausnehmen – ob ich dazu komme, sie zu lesen: Mal sehen. Jedenfalls Dank für den Artikel, insbesondere für die Aussage zu den doppelten Vaterländern. Das er so etwas sagen konnte nach der Verfolgung daheim, spricht dafür, dass er „über den Dingen“ stand.

    • SEITEN:BLICK

      5. Juli 2021 - 11:45
      Antworten

      Danke für Ihren Kommentar und den Hinweis, dass Carl Schurz auch in der DDR verlegt wurde. Vielleicht werden die beiden Bände ja Ihre Sommerlektüre?
      Seinen Zitaten nach, schien Carl Schurz ein Mensch von besonderer Offenheit und nicht des Entweder-Oder gewesen zu sein. Mit dieser inneren Haltung steht man vermutlich tatsächlich leichter „über den Dingen“.
      Beste Grüße!

  3. David Wilke

    24. Februar 2023 - 7:13
    Antworten

    Ich bin doch erschüttert, wie verklärt hier die Sichtweise auf Carl Schurz dargestellt wird. Der Mann war als Innenminister der USA maßgeblich für den Ethnozid der First Nations verantwortlich! Er erteile Richard Henry Pratt die Genehmigung für die erste Indian Industrial School. Pratt war DER Architekt der sogenannten Boarding Schools und Internatsschulen für indigene Kinder, welche Hunderttausende von ihnen misshandelten (nicht selten sexuell), ihren Eltern entrissen und zu „anständigen“ Weißen erziehen wollten. Diese Kolonialschulen waren Teil eines Projekts, das, als die Schlachten um das Land entschieden waren, sich nun der Köpfe, Herzen und Körper der indigenen Bevölkerung annahm. Getreu Pratt‘s Motto „kill the Indian in him and save the man“. Ich empfehle zur Schließung Ihrer Bildungslücke das Buch „Verlorene Welten“ vom Schweizer Historiker Aram Mattioli.

    • SEITEN:BLICK

      24. Februar 2023 - 11:07
      Antworten

      Lieber David Wilke,
      vielen Dank für Ihren wertvollen Hinweis! In der Tat haben Sie mich auf eine Bildungslücke aufmerksam gemacht.
      Vielleicht stimmen Sie mir darin zu, dass Carl Schurz für die Entwicklung der Demokratie in Deutschland Impulse gegeben hat. Ein Handeln, für das er Anerkennung verdient. Gleichwohl stehen wir bei Carl Sturz, wie bei den meisten zu würdigenden Persönlichkeiten, vor der Herausforderung: Würdigung der Gesamtpersönlichkeit versus besondere Eigenschaften und Handlungen. Doch Menschen zu finden, die in ihrem Leben ausschließlich Gutes vollbracht haben, ist schwierig – ein Anspruch, dem wohl kein Mensch gerecht werden kann. Darum halte ich es für zielführend, Schurz konkretes Handeln für die Entwicklung der Demokratie zu würdigen und gleichzeitig auch seine anderen Facetten, z.B. im Hinblick auf den Umgang mit der indigenen Bevölkerung, zu dokumentieren.
      Das Buch „Verlorene Welten“ ist bestellt und der Beitrag wird überarbeitet.
      Beste Grüße!

    • Sabine Bishop-Klaus

      3. Juli 2023 - 10:48
      Antworten

      Es tut mir Leid, das sie so denken. Prof Peter T. Lubrecht aus den USA hat bereits 2 Biografien über Carl Schurz geschrieben. Er hat genau dieses Thema auch recherchiert. Er erzählte mir, das die Native Americans ein sehr gutes Verhältnis zu Carl Schurz hatten. Sein Anliegen war es Bildung zu ermöglichen. Aus heutiger Sicht, würde man vielleicht mehr auch auf die Kultur der indigenen Völker eingehen, aber aus damaliger Sicht, war Bildung das erste Ziel. Man kann Carl Schurz nicht für die Umsetzung verantwortlich machen.

  4. David Wilke

    22. November 2023 - 0:01
    Antworten

    Frau Bishop es muss Ihnen nicht Leid tun, wie ich denke. Sie täten gut daran, wenn Sie Ihre subjektive Einstellung (aufgrund einer Verwandschaft) überdenken würden.

    Es ist nämlich genau andersherum als Sie sagen. Carl Schurz wird hier in Deutschland verklärt und gerät immer mehr in den USA in die berechtigte Kritik. Sie stellen es genau andersherum dar.
    Ich empfehle folgenden Artikel aus der neutralen Schweiz:

    https://geschichtedergegenwart.ch/jenseits-der-legende-vom-guten-deutschen-carl-schurz-in-den-usa/

    Hier heißt es, dass Bundespräsident Steinmeier eine Büste von Schurz vor dem Schloss Bellevue plant.

    Im totalen Kontrast dazu steht die Meinung der US-amerikanischen Innenministerin und Angehörige der First Nations, Deb Haaland.

    Weiter heißt es im Artikel
    „Am Aufbau dieser brutalen Assimilierungsanstalten, ebenso wie am erzwungenen Ausverkauf der verbliebenen Reservate, hatte Schurz als Innenminister von 1877 bis 1881 einen herausragenden, wenn nicht sogar einen entscheidenden Anteil. Als Senator arbeitete er zudem der Einführung der Rassentrennung im Süden zu. In Deutschland sind diese Seiten des gefeierten Vorbildes bis heute nahezu unbekannt.“

    Es tut mir Leid, dass sagen zu müssen aber Ihr Ausblenden der Fakten und dazu die Verwandschaft mit Carl Schurz erinnert mich entfernt an die Witwe von General Custer. Diese trug maßgeblich dazu bei ein völlig verklärtes und heroisches Bild von ihrem Ehemann in der amerikanischen Öffentlichkeit zu zeichnen. Es brauchte über ein Jahrhundert, bis ihm erst Eigenschaften wie Dilettantismus oder falsche Selbstverherrlichung zugeschrieben werden konnten. Lassen Sie uns aus der Geschichte lernen.

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