Wir als Frauen werden selbstverständlich hier nicht nur die Interessen unserer Partei, sondern auch die Interessen unseres Geschlechts zu vertreten haben, und so glaube ich, dass auch die Frauen der verschiedenen Parteien, die wir heute hier stehen, sich untereinander noch durch ein besonderes Band verknüpft fühlen werden. Aber ich darf wohl für uns gemeinsam das Versprechen abgeben, dass das Wichtigste für uns immer sein wird das Interesse des Ganzen und das Interesse unseres badischen Vaterlandes, für das wir hier mit Ihnen ernst und freudig zusammenarbeiten wollen.
Protokoll über die 1. öffentliche Sitzung vom 15. Januar 1919.
Mir ihrer Rede vom 15. Januar 1919 vor der badischen verfassunggebenden Nationalversammlung in Karlsruhe war Marianne Weber (geb. Schnitzger) die erste Frau überhaupt, die vor einem demokratisch gewählten deutschen Parlament redete. (Sogar noch vor Marie Juchacz, die 4 Tage später als erste Frau vor einem gesamtdeutschen Parlament sprach.)
In die Partei-Politik ging sie mit Beginn der Weimarer Republik: Sie gründete die DDP (Deutsche Demokratische Partei) mit und zog bei den ersten Wahlen als Abgeordnete der Partei in den Landtag von Baden ein.
Marianne Weber (geb. Schnitger) stand und steht oft im Schatten ihres bekannten Mannes Max Weber. Nach dessen Tod 1920 kümmerte sie sich um sein wissenschaftliches Erbe und besorgte unter anderem eine siebenbändige Gesamtausgabe seiner Werke.
Doch unabhängig von ihrem Mann verfolgte sie eigene Interessen: In Freiburg war sie eine der ersten Gasthörerinnen in Philosophie und Nationalökonoie. In Heidelberg war sie Vorsitzdende des örtlichen Vereins für Frauenbildung und arbeite in der Rechtsschutzstelle für Frauen mit. Hier setzte sie sich insbesondere für die schulische und berufliche Gleichberechtigung von Frauen ein. Ihr gesellschaftliches, politisches und kulturelles Engagement behielt sie bis zu ihrem Tod 1954 in Heidelberg bei.
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