„Ich möchte am liebsten weg sein – und bleibe am liebsten hier.“ Unter diesem Motto stand Wolf Biermanns Konzert am 13. November 1976 in Köln. Der DDR-Liedermacher hatte überraschend ein Visum für eine Tournee durch die Bundesrepublik erhalten. Nach 11 Jahren Berufsverbot war dies eine Sensation.
Statt der geplanten zwei dauerte das Konzert vier Stunden. Dabei sang Biermann nicht nur Lieder, sondern äußerte sich auch politisch. Mit verschiedenen Aussagen kritisierte er die DDR und warf ihr vor, eine Diktatur zu sein. Beispielsweise:
„Eine Elite der Arbeiterschaft wird von Zeit zu Zeit aufgeboten, um den Reden der Führer Beifall zu klatschen, vorgelegten Resolutionen zu einstimmig zuzustimmen.“
Nur 3 Tage nach dem Konzert bürgerte die DDR den Künstler aus. „Wegen grober Verletzung der staatsbürgerlichen Pflichten“ wurde ihm eine Rückkehr verweigert. Wahrscheinlich hatten die SED-Verantwortlichen Biermann überhaupt nur ausreisen lassen, um ihn so loszuwerden.
Nachspiel
Biermann selbst wehrte sich gegen die Ausbürgerung. Er wollte die DDR nicht verlassen, hatte Angebote zur Ausreise stets abgelehnt. Nach wie vor glaubte der Musiker an die Idee eines demokratischen Kommunismus.
Seine Zwangsausbürgerung hatte Folgen. Die DDR-Presse feierte seine Ausbürgerung. Biermann sei seinen staatsbürgerlichen Pflichten nicht nachgekommen.
Doch es gab auch Proteste: In der DDR unterschrieben über 100 Künstler*innen und Kulturschaffende einen Brief an die DDR-Führung. Darin forderten sie die Regierung auf, ihre Maßnahme zu überdenken. Darauf reagierte die Regierung und setzt die Unterzeichnenden unter Druck, erteilte Berufsverbote, entließ Kunstschaffende aus dem Staatsdienst. Einige der so Abgestraften verließen daraufhin die DDR Richtung Westen.
Wolf Biermann half die Solidaritätsaktion nicht. Ihm, der gerne geblieben wäre, blieb die Einreise in die DDR bis 1989 verwehrt. Erst nach dem Mauerfall durfte er dort wieder auftreten. Am 1. Dezember 1989 spielte er ein Konzert in den Leipziger Messehallen. Dieses wurde zum ersten Mal im bundesdeutschen und DDR-Fernsehen übertragen.
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