Vor 60 Jahren wurde der Zivildienst in der BRD eingeführt, 2011 traten die letzten Zivis ihren Dienst an. In unserer Themenreihe “Stets zu Diensten” veröffentlichen wir die Berichte von (ehemaligen) Zivildienstleistenden, Freiwilligen und Menschen, die einen Wehrersatzdienst geleistet haben.
Norbert Waldhelm arbeitet im Referat Jugendhilfe/Migration für den Caritasverband im Bistum Dresden-Meißen e.V.
Der Einzug zum Wehrersatzdienst als Bausoldat erfolgte im November 1988. Ich war 12 Monate bei den Bausoldaten. Die Entlassung erfolgte wegen der Wende, Bausoldaten-Einheiten wurden aufgelöst.
Der Meldepunkt war eine Kaserne in Cottbus. Dann wurde wir auf LKWs verladen und ohne Zielort zu sagen im „Blindflug“ nach Kroppen gefahren. Das war schon beängstigend.
In Kroppen wurden wir zum Bau einer Flugabwehrstellung eingesetzt. Nach meiner jetzigen Erinnerung waren es rund 60 Bausoldaten am Standort Kroppen. Ich habe dort in der Schlosserei gearbeitet.
Ich hatte immer gehört, dass die sogenannten „Entlassungskandidaten“ die „Frischlinge“ erst einmal „richtig drannehmen“. Umso erstaunter war ich, dass wir von den Bausoldaten vor Ort willkommen geheißen wurden. Die Betten waren gemacht und wir wurden in alles in freundlicher Art und Weise eingeführt.
Sicherlich gab es auch Rangeleien, was natürlich ist, wenn 60 Männer auf engen Raum für Wochen zwangsweise zusammenleben müssen. Aber grundsätzlich kam man gut zurecht.
Eine kurze Erklärung zum Thema Bausoldaten von der Redaktion
Bausoldaten gab es in der DDR ab 1964. Zu Bausoldaten wurden diejenigen DDR-Bürger, die den Dienst an der Waffe verweigerten. Dennoch handelte es sich nicht um einen zivilen Wehrersatzdienst. Die Verweigerer wurden ebenfalls von der Nationalen Volksarmee (NVA) eingezogen und leisteten für diese Dienst ab. Von der Bezeichnung „Baueinheiten“, die auf das Einsatzfeld, häufig bei der Errichtung militärischer Anlagen, hinweist, leitet sich der Begriff „Bausoldat“ ab. An der Uniform der Bausoldaten war zudem ein Spaten angebracht, der auf die Einheit hinwies. Daher der inoffizielle Name, mit dem sich die Eingezogenen auch selber rufen: „Spatensoldaten“.
Der Dienst der Bausoldaten dauerte ebenso lange wie der der anderen Eingezogenen. Doch die Bausoldaten waren häufig durch schlechte Verpflegung, harten Drill und Überwachung durch das Ministerium für Staatssicherheit benachteiligt. Zusätzlich wurden ihnen auf ihrem späteren Lebensweg oft bestimmte Ausbildungschancen und ein Studium verwehrt. Trotzdem verweigerten bis 1990 ca. 15.000 junge Männer in der DDR den Dienst an der Waffe.
Mehr Infos findet ihr unter anderem auf diesen Seiten:
Wenn ihr auch noch eine Geschichte zu erzählen habt, kommentiert unter den Beiträgen oder schreibt eine Mail an info@gegen-vergessen.de.
1 Kommentar
Thomas Burchardt
4. März 2023 - 16:04Guten Tag Norbert,
danke für deinen Text zu Kroppen und zu den Bausoldaten. Ich selbst habe dort noch bis 30.10.1989 meinen vollen Dienst als Bausoldat abgeleistet. Deine Einschätzung zum Miteinander kann ich bestätigen. Ich war auf der Baustelle der Elektriker… Vor einem Jahr war ich noch einmal mit meiner Tochter auf dem Kasernen-Gelände um ihr zu zeigen, wo ich den Sommer 1989 verbringen musste.
Grüße
Thomas