Demokratiegeschichten

24.02.1811: Friedrich Daniel Bassermann

Unterschiedliche Menschen und Schicksale sind mit der Revolution von 1848/49 verbunden. Nicht alle von ihnen können wir hier auf dem Blog vorstellen. Doch wollen wir versuchen, ein möglichst breites Spektrum von Akteur:innen vorzustellen.

Heute stellen wir einen Politiker vor, der bereits im Beitrag vom 12. Februar erwähnt wurde: Friedrich Daniel Bassermann forderte an jenem Tag 1848 in der badischen Ständeversammlung eine gesamtdeutsche Nationalversammlung.

Friedrich Daniel Bassermann im Jahr 1842; Bild: J. Kauffmann.

Der badische Abgeordnete

Nicht das Volk ist für die Regierung da, sondern die Regierung für das Volk.

Diese und ähnliche Aussagen machten Bassermann zu einem der bekanntesten liberalen Politiker des Deutschen Bundes.

Selbst in Baden, das eins der liberalsten Parlamente im Deutschen Bund hatte, regierte letztlich der Fürst. Dass eine Regierung im Interesse des Volkes und nicht des Fürsten handeln sollte, ist zu diesem Zeitpunkt keine neue, aber eine radikale Idee. Nicht „nach Gottes Gnaden“, sondern nach des Volkes Willen soll sich zukünftig ein gesamtdeutsches Parlament bilden.

Ab 1847 verbreitete Bassermann gemeinsam mit anderen Liberalen diese Idee über die Deutsche Zeitung. Sie erschien in Bassermanns gegründetem Verlag, der Bassermannschen Verlagsbuchhandlung. Noch heute existiert dieser als Bassermann Verlag weiter.

Die Forderung nach einem gesamtdeutschen Parlament – und Nationalstaat – wurde bald eine der zentralen Märzforderung. Denn nur ein einheitliches Recht und die Legitimation durch Bürger:innen konnten langfristig Rechte und Freiheiten gewähren. Durch die Ende Februar und Anfang März einsetzende Revolution schien man diesem Ziel im Deutschen Bund zum Greifen nah zu sein.

Abgeordneter in Frankfurt

Diskussion in der Paulskirche. Bassermann (mit weißer Hose) steht rechts in der Gruppe vor dem Präsidiumspult. Lithografie nach einem Gemälde von Paul Bürde.

Bassermann war Vorsitzender des dreißigköpfigen Verfassungsausschusses der Nationalversammlung und damit einer der Väter der Paulskirchenverfassung. Seine Politik beruhte auf realpolitischen Grundsätzen: Als führender Vertreter der Casino-Fraktion befürwortete er die kleindeutsche Einigung Deutschlands, also ohne den Einbezug Österreichs. Des Weiteren plädierte er für die Einführung einer konstitutionellen Monarchie unter preußischer Führung:

„Mein Glaubensbekenntnis war der Entwurf der 17er, von dessen erblichem Kaiser ich indes schon damals erklärte, dass mehr die Ereignisse als die Versammlung über ihn zu bestimmen haben würden.“

Durch die verschobenen politischen Lager während der Revolution fand Bassermann sich in einer neuen Position wieder. Gehörte er in der badischen Kammer noch zur linken Position, stand er in der Nationalversammlung für die rechte Mitte. Die radikaldemokratischen Ideen von beispielsweise Friedrich Hecker verwarf er wegen Realitätsmangels. Außerdem befürchtete er, dass eine Fortführung und Radikalisierung der Revolution letztlich in Anarchie enden würde.

Die „Bassermannschen Gestalten“

Mehrmals war Bassermann als Abgesandter der Nationalversammlung in Berlin. Nach einem seiner Besuche in der preußischen Hauptstadt sprach er in einer seiner Reden folgende Worte über die Situation der Stadt:

„Spät kam ich an, durchwanderte aber noch die Straßen und muß gestehen, daß mich die Bevölkerung, welche ich auf denselben, namentlich in der Nähe des Sitzungslokals der Stände, erblickte, erschreckte. Ich sah hier Gestalten die Straße bevölkern, die ich nicht schildern will.“

Die „Bassermanschen Gestalten“ wurden schnell zum geflügelten Wort. Und Bassermann selbst von verschiedenen Seiten für seine Aussage angefeindet. von den Linken hieß es, hier zeige sich sein fehlendes Verständnis für die (materiellen) Probleme der armen Bevölkerung. Die Konservativen wiederum nutzten die Aussage, um der Bevölkerung die Fähigkeit, als Souverän einer Nation zu agieren, abzusprechen.

Das Ende der Revolution

Karikatur der Verfassungsarbeit der Frankfurter Nationalversammlung, von links: Heinrich von Gagern, Alexander von Soiron, Carl Theodor Welcker, Friedrich Daniel Bassermann; Bild: gemeinfrei.

Bassermann wusste, dass die im Sommer 1848 beginnende Gegenrevolution drohte, die Arbeit der Nationalversammlung zum Scheitern zu bringen. Er forderte die Abgeordneten dazu auf, schneller an der Verfassung zu arbeiten:

„Ich fürchte, der Particularismus in Deutschland schreitet schneller vorwärts, als unser Verfassungswerk.“

Dann endlich, im April 1849, machte sich Bassermann mit 31 anderen Abgeordneten auf den Weg nach Berlin. Sie präsentierten dem preußischen König die ausgearbeitete Verfassung und boten ihm die deutsche Kaiserkrone an.

Doch Friedrich Wilhelm lehnte die Krone ab, die Arbeit der Nationalversammlung war damit zunichte gemacht. Die Gegenreaktion hatte in den Monaten zuvor zu viel an Macht zurück gewonnen, in vielen Ländern waren wieder Fürsten an der Macht. Gleichzeitig hatten sich die politische Fraktionen der Revolution und der Nationalversammlung zerstritten. Bassermanns Befürchtung trat ein: Die Arbeit an der Verfassung hatte zu lange gedauert.

Auch das letzte Aufbäumen der Revolution in der Reichsverfassungskampagne sowie die republikanisch und teilweise sozialistisch motivierten Maiaufstände blieben umsonst. Die Aufstände, die teilweise in Bürgerkriege ausarteten, führten letztlich dazu, dass die gemäßigten Liberalen um Bassermann weiter an Ansehen verloren. Eine Seite erklärte sie zu Verrätern an der Revolution, die andere machte sie für die chaotischen Zustände und Aufruhre verantwortlich.

Bassermanns letzte Jahre

Nach der Auflösung der Nationalversammlung blieb Bassermann in der Politik. Er wurde Mitglied im Erfurter Unionsparlament, bis dieses im April 1840 ergebnislos auseinanderging. Doch schon zu dieser Zeit erkannte er wohl, dass die Gelegenheit für weitreichende politische Veränderungen verstrichen war.

1849 diktierte Bassermann seinem Sohn seine Erlebnisse, als Denkwürdigkeiten erschien das Buch. Darin beklagte sich Bassermann unter anderem über die „Kurzsichtigkeit“ der radikalen Linken. 1851 schied er dann auch aus der badischen Zweiten Kammer aus. Es blieb ihm noch sein Mandat in der Großen Bürgerversammlung seiner Heimatstadt Mannheim, der er bis zu seinem Tod angehörte.

Das Grab Bassermanns in Mannheim; Foto: Phaeton 1/ CC BY-SA 3.0.

Manchen Revolutionär:innen und Abgeordneten gelang nach dem Ende der Revolution ein Neuanfang oder der Anschluss an ihre vorherigen Tätigkeiten. Bei Bassermann war dies leider langfristig nicht der Fall. Die Jahre nach der Frankfurter Nationalversammlung zeichneten für ihn Desillusionierung aus. Im Jahr 1855 starb er durch Suizid.

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Über uns 
Annalena B. arbeitet bei Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V. als Projektkoordinatorin im Bereich Demokratiegeschichte.

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